
Die Betriebsübernahme eines Malerbetriebs und woran er scheitern kann
1 min
Wolfgang Krauß
#Chefsache
In den nächsten Jahren werden viele Malermeister und Betriebsinhaber in ihre wohlverdiente Rente gehen. Viele Malerbetriebe stehen noch vor der großen Aufgabe der Betriebsübernahme. Bei der Nachfolgersuche oder der Betriebsübernahme sind einige Punkte zu beachten. In diesem Erfahrungsbericht berichtet Wolfgang Krauß, seit 30Jahren Betriebsberater, aus dem Nähkästchen und verrät, woran die Übernahme scheitern kann.
Inhalt
Ein Erfahrungsbericht
Der Firmenwert
Woran Betriebsübernahmen scheitern können
Ein Erfahrungsbericht
Es ist keine neue Erkenntnis, dass viele Handwerksbetrieb aus Altersgründen schließen werden, ohne dass im Vorfeld ein geeigneter Nachfolger, bzw. Käufer/Übernehmer gefunden werden konnte. Dies hat mehrere Gründe.
Zum Einen der bekannte demografische Faktor als auch der Umstand, dass die Übernahme von Verantwortung und auch das mit der Betriebsführung verbundene Risiko, für viele als „nicht lohnenswert“ angesehen wird. Selbst in Zeiten, wo die Zukunftsaussichten für das Ausbauhandwerk durchaus positiv sind.
Natürlich ist eine Betriebsübernahme auch immer mit Risiken verbunden, aber einige davon können im Vorfeld bereits reduziert werden.
So ist schon einmal generell genügend Zeit für eine Übernahme einzuplanen, da viele Dinge im Vorfeld erst einmal qualifiziert abgeklärt werden sollten. Und dies ist keine Angelegenheit von 2 oder 3 Monaten.
Der Prozess dauert gerne mal 2 Jahre
Der Prozess einer Betriebsübernahme, angefangen vom ersten Anbahnungsgespräch bis zur konkreten Umsetzung, wo es zum Vertragsabschluss kommt, kann sich schnell einmal über ein bis zwei Jahre ziehen.
Es fängt eigentlich immer ganz harmlos an. Man hat erfolgreich seine Meisterprüfung geschafft und bereits während der Meisterschulzeit wird man angesprochen, ob man nicht nach der Prüfung Interesse hat in dem einen oder anderen Betrieb anzufangen. Diese Ansprache erfolgt dann zufälligerweise von einem externen Referenten, der nebenbei selbst Unternehmer ist oder über den Fachlehrer, der über einschlägige Kontakte verfügt. Oder auch vom bisherigen Betrieb, in dem man bereits als Geselle gearbeitet hat. In diesen Gesprächen werden schon einmal die zukünftigen Perspektiven aufgezeigt, bis hin zur Übernahme.
Nach dem Erstgespräch erfolgt dann, nach einiger Überlegungszeit, ein Zweitgespräch. In diesem Zweitgespräch wird dann tiefer erörtert, wie man denn in der Phase des Orientierungsprozesses weiter verfahren will.
Und spätestens jetzt wäre es ein guter Zeitpunkt, sich über nachfolgende Punkte einige tiefer gehende Gedanken zu machen um die richtigen Fragen zu formulieren.
Die eigene Person betreffend
Unternehmertum kann bedauerlicherweise nur selten erfolgreich in Teilzeit wahrgenommen werden. Insbesondere in der Anfangszeit eine Übernahme, in der man anfängt den nunmehr eigenen Betrieb überhaupt richtig kennen zu lernen, ist dies mit einem erheblichen persönlichen Zeitaufwand verbunden.
Einen als Arbeitnehmer gewöhnten 8 Stundentag, mit geregeltem Urlaubsanspruch und Freizeitausgleich, ist in dieser Phase in der Praxis eher selten zu finden. Da muss dann auch das gesamte persönliche Umfeld mitspielen, angefangen von der Familie, Partnern oder auch dem Freundeskreis. Und das nicht nur für einen temporären Zeitraum.
Selbstkritisch sollte man sich auch selbst die Frage stellen, ob man denn wirklich geeignet ist einen Betrieb zu führen. Dies betrifft sowohl den fachlichen als auch den sozialen Bereich. Auch wenn die Meisterschulen versuchen Ihren Schülern während der Ausbildungszeit möglichst viele Grundlagen zu vermitteln, so kann dies natürlich nur ein Basiswissen sein. Praktische Erfahrung ist nun Mal durch nichts zu ersetzen. Einem Übernehmer, der aber zum Zeitpunkt der Übernahme noch nicht über dieses Praxiswissen verfügt, wird daher auf fremdes Know How angewiesen sein.
Häufig wird hierbei eine Konstellation der Firmenübergabe gewählt, in der der bisherige Unternehmer dem Übernehmer noch eine gewisse Zeit als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Sei es als externer Berater mit einem Beratervertrag oder auch als befristeter angestellter Mitarbeiter. Diese gemeinsame Zeit soll dann genutzt werden, um den neuen Inhaber bei den Altkunden einzuführen und um sich einen Überblick über die betrieblichen Gegebenheiten zu verschaffen. Eine auf den ersten Blick sicherlich sinnvolle Variante.
Probleme kann es in diesem Zusammenhang geben, wenn der Übergeber nach der Übergabe, trotz Beratervertrag oder anderweitiger Entlohnung, sein „Lebenswerk“ mit der Übergabe als erfüllt ansieht und die Motivation für den dann fremden Betrieb sinkt.
Auch ist zu bedenken, dass aus Sicht der vorhandenen Mitarbeiter es jetzt zwei Chefs gibt, den alten und den neuen. Und nicht jeder Mitarbeiter schafft diese Umstellung, mit der Gefahr, dass langjährige Mitarbeiter den Betrieb verlassen. Gerade die sicherlich mit der Übernahme zu erwartende Änderung des Führungsstils oder auch der Auftragsabwicklung insgesamt, kann zu Konflikten führen.
So muss jedem Übernehmer klar sein, dass er auch manchmal unpopuläre Entscheidungen treffen und umsetzen muss. Die Mitarbeiterführung selbst, zählt zu den größten unternehmerischen Herausforderungen überhaupt und wird in Zukunft sicherlich nicht einfacher werden. Fehlt diese Sozialkompetenz, wird ein Betrieb nur schwer erfolgreich zu führen sein.
Der Firmenwert
Die auf den ersten Blick recht einfach klingende Frage erweist sich bei einer intensiveren Betrachtung jedoch als deutlich komplexer. So bestimmt sich der Wert eines Betriebes nach vielen unterschiedlichen Faktoren. An oberster Stelle natürlich die vermeintliche Ertragskraft, ausgedrückt in den Größen Wirtschaftlichkeit und Gewinn.
In diesem Zusammenhang empfiehlt sich die Hinzuziehung der Handwerkskammer zur Erstellung einer sogenannten „Firmenwertermittlung“. Im Rahmen dieser Firmenwertermittlung wird im Regelfall auf das Datenmaterial mehrerer Jahre (Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnung) zurück gegriffen, außerordentliche Einflussmomente abgegrenzt und so ein rechnerischer Wert des Betriebes ermittelt.
Firmenwert durch die Handwerkskammer ermitteln lassen
Auch wenn diese Firmenwertermittlungen, neben den Handwerkskammern, auch von externen Beratern oder dem Steuerbüro durchgeführt werden kann, bietet die Durchführung durch die Handwerkskammer weitere Vorteile.
Zum einen ist die Leistung im Regelfall kostenfrei. Zum Anderen fließen bei der „Kammerbewertung“ auch die besonderen Gegebenheiten der Handwerksbranche in die Wertermittlung ein. Bspw. der Einfluss der Persönlichkeit des Übergebenden auf die Ertragslage und die konjunkturellen Branchenaussichten.
Einen weiteren Vorteil einer Kammerbewertung ist ihre von beiden Seiten (Verkäufer/Käufer) vermutetet Objektivität.
Wird die Bewertung durch einen anderen Berater durchgeführt, besteht immer die Vermutung, dass Einflussmomente des jeweiligen Auftraggebers zu Verzerrungen führen können.
Allerdings und das zeigt die Praxis, entspricht der dann rechnerisch ermittelte Wert des Betriebes in den aller seltenstes Fällen, dem real gezahlten Kaufpreis.
So liegt es in der Natur der Sache, dass der Käufer möglichst wenig zahlen möchte und auch noch die eine oder andere mögliche Altlast vermutet und etwas „Puffer“ haben möchte.
So können Altlasten beispielsweise in aktuellen Rechtsfällen oder Mängelrügen liegen. Da der Käufer auch Rechtsnachfolger wird, übernimmt er dieses Risiko mit.
Wie sieht es auch mit der „Werthaltigkeit“ einiger Bilanzwerte aus? Ist die Höhe der Forderungsbestände real oder sind hier deutliche Kürzungen zu erwarten? Sind die teilfertigen Leistungen (angefangenen Arbeiten) vielleicht zu hoch bewertet und der effektive Leistungsstand hinkt hinterher!?
Dann würde der Käufer einen zu hohen Preis für die angefangenen Arbeiten zahlen und hätte auch noch die Kosten für den dann eigenen Betrieb zu tragen, um das Defizit auszugleichen.
Wie sieht es generell mit den Verbindlichkeiten aus? Werden diese mit übernommen oder findet vorher ein Ausgleich durch den Verkäufer statt?
Auch ein kritischer Punkt stellen Pensionsverpflichtungen dar, die die Firma verbindlich für ihren Geschäftsführer abgeschlossen hat. Eine kaum zu kalkulierende Größe.
Neben diesen quantitativen Merkmalen bestimmen auch qualitative Merkmale den Wert eines Betriebes für den Käufer.
Qualitativer Wert
Ganz oben auf der Liste ist die Qualifikationen und Altersstruktur der Mitarbeiter.
Wie sieht die betriebliche Leistungsstruktur aus, wie die Auftraggeberstruktur? Ist der Betrieb „breit“ aufgestellt oder verteilt sich die Umsatzleistung auf wenige Kunden, die das Risiko der Abhängigkeit erhöhen? Arbeitet der Betrieb mehr in höheren Auftragsgrößen oder eher kleinteilig? Wie gut ist der Betrieb organisiert, wie effektiv die Prozesse?
Auch die Ausstattung des Betriebes mit Arbeitsmitteln lässt erste Rückschlüsse über die bisher gelebte „Firmenphilosophie“ zu.
Diese beispielhafte Aufzählung nur einiger bedenkenswerter Punkte sind mit ein Grund dafür, dass in der praktischen Abwicklung einer Betriebsübernahme ausreichend Zeit eingeplant werden muss und sich dieser Prozess auch über mehrere Monate bis 1-2 Jahre hinziehen kann.
Woran die Betriebsübernahme scheitern kann
Nachdem sich der zu übernehmende Betrieb für den potenziellen Käufer als attraktiv dargestellt hat, geht es um die Frage der Finanzierung.
Ein in diesem Zusammenhang oft gemachter Fehler ist die Unterschätzung des Finanzierungsvolumen. So wird häufig übersehen, dass neben dem Kaufpreis, auch Finanzmittel für die Vorfinanzierung der Baustellen benötigt werden.
Je nach Leistungsstruktur können so zwischen 40 bis 100 Tage vergehen, angefangen vom Baustellenstart bis zum Zeitpunkt, an dem der Rechnungsbetrag auf dem Firmenkonto landet. Diese Zeit muss der Betrieb vorfinanzieren können.
Gehen wir einmal davon aus, dass der Betrieb einen effektiven Kostensatz (Kostensatz, nicht Verrechnungssatz) in Höhe von 48,- Euro hätte, zzgl. Materialkosten von bspw. 10,- Euro /Stunde, so wären pro Stunde 58,- Euro vorzufinanzieren. Pro Tag (bei einem 8 Stunden Tag) 464,- Euro.
Bei einer unterstellten Mitarbeiterzahl von 5 Gesellen, sind das dann bereits 2.320,- Euro je Tag.
Nimmt man im günstigsten Fall eine Vorfinanzierungsdauer von 40 Tagen an, so errechnet sich in diesem Beispiel ein Kapitalbedarf von rund 93.000,- Euro. Hierbei wird vom „Idealfall“ ausgegangen. D.h. der Betrieb läuft nach der Übernahme ohne Störungen weiter. Dies ist aber nicht der Regelfall.
So zeigt sich in der Praxis, dass nach der Übernahme zusätzliche „Störquellen“ auftauchen können.
Zum einen springen Altkunden ab, die mit dem neuen Inhaber nicht mehr zurecht kommen oder alte Verbindungen gehen altersmäßig gemeinsam mit dem Firmenverkäufer in Rente. Auch entpuppen sich viele vermeintliche Altkunden als Karteileichen.
Finanzielles Risiko sind auch die Mitarbeiter
Das größte Risiko stellen aber die Mitarbeiter dar, die den Kurs des neuen Eigentümers, oftmals verbunden mit neuen Abläufen, nicht mittragen wollen oder können. Darüber hinaus zeigen sich erst bei dem jetzt näheren kennenlernen des neuen, eigenen Betriebes, die Schwachstellen auf, deren Beseitigung evtl. mit zusätzlichen ungeplanten Investitionen verbunden sind.
Beispielsweise die Einführung einer aktuellen, leistungsfähigeren EDV. Und gerade dieser Punkt hat schon viele Betriebe verzweifeln lassen.
Neben diesen „ hard facts“ können aber auch „ soft facts“ zum Scheitern führen. Gerade beim Thema Finanzierung ist beim Käufer Geduld gefragt. So können Bankverhandlungen sich schon einmal in die Länge ziehen und die im Finanzierungsgespräch gesendeten positiven Signale sich auf einmal in der schriftlichen Stellungnahme der Bank ins Gegenteil verkehren.
Wer alle diese Faktoren beim Kauf oder Übernahme eines Betriebes in seine Überlegungen mit einbezieht, kann sich dann auf eine spannende Reise begeben.
Daran platzt am Ende die Übernahme des Malerbetriebes doch noch
Die Finanzierung steht, der Kaufpreis und die Vorfinanzierungskosten sind geschultert und der neue Eigentümer kann sich nunmehr um das Tagesgeschäft kümmern.
Neben den üblicherweise damit verbundenen Herausforderungen kann sich ein weiterer Bereich zu einem echten Problem entwickeln, die Mitarbeiterschaft.
Nicht nur bedingt durch den Anteil, der mit der neuen Geschäftsführung nicht klar kommt und sich einen neuen Wirkungskreis sucht.
So ist es eine besonders wichtige Aufgabe im Vorfeld der Betriebsübernahme, sich eingehend mit der vorhandenen Personalstruktur auseinander zu setzen.
Welche der Mitarbeiter verfügen über besondere Fähigkeiten, die bei einem evtl. Ausscheiden nicht so schnell ersetzt werden können? Oder schlimmstenfalls sogar ein Leistungsbereich nicht mehr angeboten werden kann.
Gibt es bei den Mitarbeitern Langzeitkranke, bei denen die Gefahr besteht, dass auf diese in der Zukunft nicht mehr gezählt werden kann?
Stehen altersbedingte Abgänge an?
Auch der bekannte Fachkräftemangel macht es nicht einfacher, die Größe der noch bestehenden Mitarbeiterzahl zu halten.
Wenngleich auch hier bereits seit einigen Jahren seitens der Betriebe, Verbände und auch Industrie versucht wird dem entgegen zu wirken, steht zu befürchten, dass die Auswirkungen des demographischen Faktors nicht kompensiert werden können. Das bedeutet, dass die zukünftige Mitarbeitergewinnung mit einem noch zunehmenderen Aufwand verbunden sein wird. Sowohl zeitlich als auch finanziell.
Verringert sich die Mitarbeiterzahl hat dies natürlich auch Auswirkungen auf die Umsatzleistung und die Ertragslage.
So stellt sich die Frage, wieweit die eigene Mannschaft in Zukunft noch in der Lage sein wird, die vorhandene Kostenstruktur darzustellen und darüber hinaus ein akzeptables Ergebnis erwirtschaften zu können.
Da sich der Fachkräftemangel ebenfalls bei den Leiharbeitsfirmen niederschlägt, wird über diesen Weg keine Lösung zu finden sein. Darüber hinaus ist deren Einsatz in den Betrieben hinsichtlich der Entwicklungen im „Einkaufspreis“ und der Leistungsfähigkeit, nicht unkritisch zu bewerten.
Diese Entwicklung ist nicht neu und zeichnet sich bereits seit Jahren mit zunehmenden Verstärkung ab. So denken mittlerweile Betriebe über eine stärkere Einbindung von Nachunternehmern nach, für die dieses Thema in früheren Zeiten nicht denkbar war. Aber auch hier ist in der Praxis ein deutlicher Wandel festzustellen.
Mittlerweile ist es für Architekten üblich geworden, dass die ausführenden Betriebe mit qualifizierten Nachunternehmern zusammen arbeiten. Insbesondere bei gewerblichen Aufträgen oder Aufträgen der öffentlichen Hand, weniger im Privatkundenbereich.
Diese Betriebe versuchen einen Stamm an geeigneten Nachunternehmern aufzubauen, die sowohl fachlich wie auch organisatorisch in der Lage sind, bei der Leistungserstellung in Teilbereichen zuzuliefern. Dies natürlich bei finanziellen Konditionen, die für alle Seiten auskömmlich sind.
Im Regelfall sind dies Firmen, die sich bei der Leistungserstellung auf einen Bereich konzentriert haben und durch ihr fachliches Know-how auch preislich günstiger ausführen können.
Mit Blick in die Zukunft kann vermutet werden, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Am Ende wird es zu einer weiteren Polarisierung kommen. Kleinere Betriebe, die mit eigenem Personal den Privatkundenbereich bedienen und größere Firmen, die insbesondere im Objektbereich zu Hause sind und dies unter wesentlicher Einbindung von Nachunternehmern.
Zum Autor / zur Autorin
Wolfgang Krauß

Ich komme aus einer Familie von Handwerksmeistern und weiß genau, worauf es bei guten Betrieben ankommt.
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